Auf der Filmebene dieser Inszenierung bereist Lehniger mit seinen Protagonisten die Stationen des Romans. Während auf der Bühne, das Deutschland der 90er beschrieben wird, begleiten wir die wechselnden Ich-Erzähler von Sylt über Hamburg, Frankfurt und Heidelberg bis zum Bodensee auf einer Abschiedsreise durch Deutschland 2012, um an deren Ende mit hinaus auf den Zürichsee zu rudern. „Bald schon sind wir in der Mitte des Sees, schon bald!“
Christian Krachts umstrittenes Romandebüt »Faserland« erschien 1995. Von einigen Kritikern wurde es zum Wegweiser einer neuen Richtung des deutschen Popromans erklärt, von anderen heftig kritisiert. Ein Ich-Erzähler, Ende zwanzig, durchquert ziellos die Republik von Sylt bis in die Schweiz. Der Protagonist durchtaumelt Parties. Gespräche über Belanglosigkeiten und die Schönheit der Leere bilden den Partytalk, synthetische Drogen tun ihr Übriges. Gelangweilt steht er den Ereignissen gleichzeitig nah und fern. Die Reise endet in der Mitte des Zürcher Sees. Krachts Porträt einer modernen Konsumgeneration markiert das Gegenteil der wütenden, sich auflehnenden Popliteratur der Beat-Generation. Sein Protagonist ist kein Rebell. Empörung hat er seinen Eltern überlassen. Er hat es sich bequem gemacht im Mittelstand und kultiviert sein zielloses Treiben ohne Höhepunkte in einer Welt, die Individualität in Marken aufgelöst hat. Zur Aufgabe hat er sich gemacht, außer an persönlichem Hedonismus an nichts beteiligt zu sein. Er ist ein Vorkämpfer einer heute wieder durch lästige Krisen bedrohten Lebenskunst.
>In seinem ersten Roman »Faserland« von 1995 entdeckte Kracht die Nazi- Vergangenheit unter den Dünen der Insel Sylt wie in der Studentenverbindung in Heidelberg – erst in der Schweiz, auf neutralem Gebiet, kommt der Deutschlandreisende zur Ruhe. Von dieser Reise handelt »Faserland« – und Regisseur Robert Lehniger führt sie im Ballhof des Theaters Hannover auf geniale Weise in die Gegenwart fort. Eine rundum gelungene, sehr genau ausbalancierte Bühnenfassung. Die einen hat sie begeistert, die anderen lässt sie kalt. So ist das mit Christian Kracht.< (Deutschlandradio Kultur)
>Robert Lehniger hat aus dem schmalen Buch ein unterhaltsames und berührendes Theaterstück gemacht. Die zweistündige Inszenierung lenkt geschickt den Blick auf die tieferen Ebenen des Romans, fernab von den Discos und Bars der 90er. So verdeutlichen die Lieder eines Schülerchors, der zwischen den Reisestationen auftaucht, die Poesie des Textes.< (sueddeutsche.de)
Doku-Fiktion Road Movie / Videoinstallation / Bühneninszenierung
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